Ricarda-Huch-Schule
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Noch vor 75 Jahren galt Huch als bedeutendste deutsche Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts. Heute hingegen müssen wir den Namen unserer Schule manchmal buchstabieren, wenn wir uns irgendwo anmelden. Wir erhalten auch Briefe an lustige Adressen, zB: „Ricarder Hochschule“. Kaum eine unserer Deutschlehrkräfte hat im Studium mit Ricarda Huch zu tun gehabt. Ist unsere Namensgeberin also nicht mehr aktuell?
Eine Autorin, deren Werke anspruchsvoll und nicht selten mehrbändig sind, kann sicher nicht zu den populären Autorinnen zählen. Auch ist ihr Werk sehr breit gefächert, es umfasst Gedichte, Novellen, Romane, geschichtswissenschaftliche Arbeiten zu Mittelalter und Früher Neuzeit, Romantik, Vormärz und der deutschen Revolution sowie historische Biografien von hohem literarischen Wert. Obwohl sie das Erzählen historischer Ereignisse zur poetischen Kunst erhoben hat, sagt uns heute Huchs Werk vermutlich weniger als ihr Leben.
1864 geboren führte Ricarda Huch bis zu ihrem Tod 1947 ein bewegtes, selbstbestimmtes Leben. Sie wuchs in Braunschweig als Tochter einer Kaufmanns-familie auf, ging in Begleitung ihres Bruders nach Zürich, um in der Schweiz 1888 das Abitur abzulegen – was in Deutschland für Frauen erst um 1920 möglich war. Sie begann das Studium der Geschichte, Philosophie und Philologie an der Zürcher Universität und legte 1891 als erste Frau in der Schweiz das Diplomexamen für das Höhere Lehramt ab. Ein Jahr später wurde sie promoviert.
Ricarda Huch war Bibliothekarin, Lehrerin und Übersetzerin, Verfasserin historischer Werke und Romane, Lyrikerin und Wissenschaftlerin, die den Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus ein Denkmal setzte. Sie lebte in Zürich und Bremen und mit ihrem italienischen Ehemann in Wien und Triest. Nach der Scheidung wohnte sie mit ihrem zweiten Ehemann in Braunschweig; als auch diese Ehe in die Brüche ging, zog sie nach München, Berlin und Heidelberg, Freiburg und Jena und lebte zuletzt in Schönberg im Taunus bei ihrer Tochter.
Ein bewegtes Leben. Vorbild als Frau in Zeiten, als die Gleichberechtigung nicht einmal auf dem Papier durchgesetzt ist. Als sie 1926 in die Preußische Akademie der Wissenschaften / Sektion für Dichtkunst gewählt wird, ist sie wiederum die erste Frau. 1933 wird die Akademie von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Huch tritt aus. Hier zeigt sich – bereits 1933 – ihre Weitsicht und ihre politisch-moralische Integrität. Wegen ihrer couragierten Haltung während der nationalsozialistischen Herrschaft und ihres Interesses am Wiederaufbau Deutschlands 1945 wird sie Alterspräsidentin des Thüringischen Landtages.
"Was Ricarda Huch im innersten antrieb, war nicht eine nostalgische Liebe zur Vergangenheit, sondern eine Liebe zur Freiheit, die noch über die Liebe zu sich selbst und den eigenen, ein Leben lang bewahrten Idealen steht" (Hartmut Scheible in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24.12.2013 S. N4).
Ein besonderes Verdienst hat sich Ricarda Huch damit erworben, die Lebensläufe von Männern und Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus niederzuschreiben. Für ihren 1946 in einer Zeitung veröffentlichten Aufruf "Für die Märtyrer der Freiheit" erhielt sie Schmähbriefe bis hin zu Morddrohungen. Erst nach ihrem Tod wurde das Werk unter dem Titel In einem Gedenkbuch zu sammeln veröffentlicht.
Ricarda Huch ist auch heute noch als Schriftstellerin präsent. Vor kurzem fand ich in einem Einkaufszentrum eine Glückwunschkarte mit einem Spruch von ihr, der wohl zeitlos ist:
Um wirklich glücklich zu sein,
braucht man einen Menschen, den man liebt,
eine Aufgabe und eine große Hoffnung.
Huchs schlichtes Grab liegt am Frankfurter Hauptfriedhof, gleich gegenüber dem Haupteingang. Fotografien von Ricarda Huch faszinieren: Die Eleganz, der aufrechte Gang, dieses auch im Alter Schönheit ausstrahlende Gesicht spiegeln ihr reiches Leben wider.
Darmstadt verleiht zu Ehren von Ricarda Huch alle drei Jahre einen Literaturpreis an Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur, Wissenschaft oder Politik, deren Wirken „in hohem Maße bestimmt ist durch unabhängiges Denken und mutiges Handeln, verbunden mit einem uneingeschränkten Wirken für jene unveräußerlichen humanen, emanzipatorischen und freiheitlichen Grundsätze, die sich aus der europäischen Geschichte herleiten“ (lt. Vergabekriterien der Stadt) .
Wenn unsere Schule auch keinen direkten Bezug zu Ricarda Huch hat, so kann ihr mutiges, vorbildhaftes Leben doch Leitbild für unsere Schule sein.
(Verfasserin: Andrea Vierrath, 03.05.2015)
Nicht alle Schmerzen
Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.
Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende Schwere
Bis in den Traum.
Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,
Da blüht nichts mehr.